Bienen und Menschen haben viel gemeinsam

Bienen und Menschen haben viel gemeinsam

Originaltext „Bees and People have a lot in common“
von David Brown/Washington Post
übersetzt von Tanja Luftensteiner     

Wir leben beide in Gruppen und kuscheln mit anderen wenn es kalt ist. Wir wissen beide, dass Sauberkeit Krankheiten vorbeugt. Wir bereiten beide Essen für andere zu und gehen hinaus um Essen zu holen auch wenn wir nicht hungrig sind. Wir können beide durch Tanzen kommunizieren.

Natürlich, es gibt Unterschiede.

Bienen sind einen „Inch“ lang. Sie paaren sich im Flug. Jeden Winter schmeißen die Weibchen die Männchen aus dem Haus und lassen sie sterben.

In welchem Ausmaß können nun Gene unsere so verschiedenen evolutionären Entwicklungen erklären? Biologen haben jetzt einen besseren Weg um diese und viele andere Fragen zu klären.

Letzte Woche verkündete die „Honigbienen Genom Sequenzier-Vereinigung“, dass es ihnen gelungen war den genetischen Code der Apis mellifera zu entschlüsseln. Bienen sind nicht nur die wichtigsten Bestäuber der Welt, sondern auch die Hersteller der besten süßen Nahrung der Natur und ein Objekt der Faszination und Erleuchtung für den Menschen. Die Honigbiene ist nach der Fruchtfliege und der Anophelesmücke das dritte Insekt, dessen Genom komplett entschlüsselt wurde. Der Mehlkäfer, die Blattlaus und die Wespe werden die nächsten sein.

150 Leute arbeiteten in den vergangenen drei Jahren in ca. 20 Ländern an diesem Projekt. Die gewaltige Masse an Daten – gemeinsam mit den Daten anderer Spezies – wird helfen herauszufinden was es bedeutet ein Insekt bzw. eine Honigbiene zu sein.

Insekten sind mit 925 000 identifizierten Spezies die mannigfaltigste Gruppe von Tieren auf der Welt. Die genetische Erforschung könnte schließlich Licht in die Biologie von Zusammensein und Zusammenarbeit bringen, welche sowohl Bienen als auch Menschen in den 600 Millionen Jahren entwickelten seit sie denselben Stammvater teilten. 

„Wir können dieses Genom verwenden um nach allen Genen zu suchen, die an der  Evolution von sozialem Verhalten beteiligt sein könnten. Aber das ist die Straße entlang“, sagte Hugh M. Robertson, ein Entomologe der Universität von Illinois zur „Urbana-Kampagne“.

In einem langen Artikel im Journal „Natur“ und in einigen kürzeren in „Wissenschaft“, beschreiben Robertson und seine Kollegen ihre anfängliche Einsicht in den Genom der Honigbiene, welcher voll von sowohl Überraschungen als auch bestätigten Vermutungen ist.

Die Honigbiene besitzt zwischen 10 000 und 15 000 Genen geordnet auf 16 Chromosomen im Vergleich zu den menschliche 24 000 Genen und 24 Chromosomen (22 Körperchromosomen und 2 Geschlechtschromosomen). Vergleiche mit dem Genom der Fruchtfliege und der Mosquito haben ergeben, dass sich die Biene langsamer entwickelt hat. Kurios ist, dass manche Bienengene – vor allem jene, die für die „innere Uhr“ und den „Kreislauf Rhythmus“ verantwortlich sind – den Säugetiergenen viel ähnlicher sind als den Fliegengenen.

Die interessantesten Einblicke kommen jedoch von Entdeckungen jener Teile des Bienengenoms, die von der evolutionären Kraft der natürlichen Selektion bereichert, ignoriert oder ausrangiert wurden.

Im Vergleich zu anderen Insekten sind bei den Bienen nur zwei Drittel der Gene für das Erkennen und Töten ihrer mikroskopischen Feinde zuständig. Das ist überraschend für einen Organismus der 95% seines Lebens in einer dicht gedrängten, fast 95°F heißen Behausung verbringt, die bester Nährboden für Bakterien und Parasiten ist.

Aber Bienen sind extrem hygienisch und auf Prävention bedacht. Wenn eine heranwachsende Larve stirbt, wird sie sofort aus ihrer Zelle entfernt und ihr Kadaver wird vom Bienenstock weit weg gebracht. Ammenbienen sondern antimikroskopische Substanzen in das Futter ab und schützen so die Larven. Honig, die wichtigste Futterquelle über den Winter, unterstützt mikroskopisches Wachstum nicht, da er aus viel Zucker und wenig Wasser besteht. Alles in allem scheint es, dass im Vergleich zu anderen Insekten der Bienengenom weniger damit beschäftigt ist das Individuum vor Krankheiten zu schützen sondern vielmehr den größeren Organismus – die gesamte Kolonie.

Bienen haben auch weniger Gene, die die Proteine für den Aufbau ihres Außenskeletts codieren. Wissenschaftler spekulieren, dass der Grund dafür darin liegt, dass Bienen ihr Larvenstadium und die meiste Zeit als ausgewachsenes Insekt im Bienenstock verbringen und so vor Ultraviolettem Licht und Temperaturschwankungen geschützt sind.

Wenn der Biene auch bezüglich des Immunsystems und der Haut etwas fehlt, so hat sie doch einen unglaublich guten Geruchssinn.

Die Apis mellifera besitzt 170 Gene für „Geruchsrezeptoren“, von denen sich 157 in einer Genfamilie befinden, die bis jetzt nur bei Honigbienen gefunden wurde. Das stellt einen weit größeren Geruchsapparat dar, als ihn die Fruchtfliege (mit 62 Rezeptor Genen) oder die Mosquito (mit 79) besitzen. Wahrscheinlich reflektiert das die extreme Wichtigkeit des Geruchs, der den Bienen hilft Blumen zu finden und miteinander zu kommunizieren, einschließlich mit ihrer Königin durch Pheromone.

Es gibt jedoch keine genetische Erklärung für das beeindruckendste Verhaltensmuster dieser Spezies – die Fähigkeit der Bienen einander den Ort von Futterquellen außerhalb des Bienenstocks mitzuteilen durch einen ritualisierten Tanz, der die Sonnenposition als Orientierung benutzt. Bienen besitzen keine Gehirngene.

„Es geht nicht darum was man in seinem Genom besitzt, sondern wie man es gebraucht.“ Das muss diese Kapazität zu Lernen und zu Kommunizieren erklären, sagte Jay D. Evans, ein Wissenschaftler am U.S. Departement für das Landwirtschaftliche Bienen Forschungslabor in Beltsville, Md. Das ist wahrscheinlich auch der Grund warum Schimpansen und Menschen so unterschiedliche kognitive Fähigkeiten haben obwohl sie 97 identische Gene besitzen.