Antibiotika im Honig aus aller Welt

Antibiotika im Honig aus aller Welt

Gefahren für Biene, Mensch und Honig
Von Norbert Suchanek

Seit den Anfängen der Menschheit spielen Honig und Bienen eine entscheidende Rolle. Nicht umsonst galt schon im Alten Testament das Land wo Milch und Honig fließen als das "Gelobte Land". Konkret meinten die antiken Autoren das Gebiet der Nomaden, die mit ihren Viehherden über weite blühende Wiesen zogen, sich von der Milch ihrer Tiere und vom Honig der zahlreichen wilden Bienenvölker ernährten. Die Natur war nicht "Untertan" des nomadisierenden Menschen, sondern er war ein Teil einer natürlichen Symbiose, einer sich gegenseitig unterstützenden und nützenden Naturgemeinschaft.

Unsere "HighTech-Zivilisation" hat diese Zusammenhänge vergessen, verdrängt, als "romantische" Spinnerei abgetan. Es zählt der kurzfristige Profit, das technisch machbare. Natürliche Kreisläufe, symbiotische Zusammenhänge sind der modernen Agrarindustrie und ihren verblendeten Jüngern ein Graus. Ihr Ansatz ist, nicht mit der Natur zu arbeiten, sondern gegen sie. Kunstdünger, Pestizide, Hybridpflanzen, Klonierung, Gentechnik sind die modernen Waffen, um natürliche Vielfalt durch künstliche Einfalt zu ersetzen und um standardisierte Lebensmittel für unsere Gesellschaft herzustellen. Ob das, was wir dann essen, aber noch wirklich Mittel zum Leben sind?


Antibiotika im Supermarkt-Honig

An vorderster Front betroffen von der heute weit verbreiteten aggressiven Agrarindustrie sind unsere Bienen, die (noch) zahlreichen Wildbienenarten genauso wie die Honigbienen. Folge: Selbst Honig ist oft nicht mehr das Naturprodukt, was es einmal war. Die Stiftung Warentest beispielsweise stellte bei Tests im vergangenen Jahr fest: Mehr als die Hälfte von 34 untersuchten Honigen waren mangelhaft, weil er entweder fremdartig schmeckte, Rückstände von Antibiotika enthielt oder falsch deklariert war. Beispielsweise schmecke der Tannenhonig von Nook statt nach Tanne überwiegend nach Edelkastanie. Auch in den Rapshonigen von Dreyer und Müngersdorff sei nach Meinung der Warentester nicht das drin, was auf dem Etikett angepriesen werde. Und die Akazienhonige von Biophar, Breitsamer und Dr. Ritter seien eigentlich nur Blütenhonige mit Akazienanteilen. Während von Wildblütenpollen im angeblichen Wildblütenhonig von Lidl keine Spur gewesen sei. Und die Mischblütenhonige von Aldi Nord, Immenhof und Kaiser's Tengelmann fanden gar kein Beifall bei den Testern, denn sie schmeckten nach dem Insektenabwehrmittel Phenylacetaldehyd, mit dem manche Imker bei der Honigernte die Bienen aus den Waben treiben, womit wir auch schon beim eigentlichen Thema sind. Honig ist nicht gleich Honig und Imker sind nicht gleich Imker.

Das trifft vor allem auf die konventionelle Imkerei in Übersee zu.

Bienenhonig ist nicht mehr "per Se" ein reines Naturprodukt. Es kommt auf den Imker an und wie er seine Bienenvölker im wahrsten Sinne des Wortes behandelt. So entdeckte die Stiftung Warentest mit Besorgnis bei ihren stichpunktartigen Tests vier Honige, die über die Maßen mit Antibiotika belastet waren: Der Langnese Weißtannenhonig war mit dem Antibiotikum Tetracyclin belastet, was ein hausgemachtes Problem ist. Denn Tetracyclin stammt aus dem üblichen "Arzneimittelkasten" der konventionellen Imker selbst, um ihre Bienen gegen diverse Milben oder Krankheitskeime zu behandeln. "Wachsmotten, Tracheenmilben, diverse Virosen und Bakteriosen werden seit jeher mit Naphthalin, Antibiotika wie Tetracyclinen oder mit Pyrethroiden behandelt. Manche Imker setzen die Chemikalien prophylaktisch ein, auch wenn die Völker keine Symptome zeigen, Überdosierungen und nutzlose Therapieversuche werden oft nicht erkannt", so der Wissenschaftliche Informationsdienst des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.).

Im Wal Mart-Honig "Great Value Blütenhonig" sowie in Kaiser's Tengelmann/Naturkind- Wiesenblütenhonig fanden die Tester wiederum Umwandlungsprodukte von Nitrofuranen - Antibiotika, die seit 1995 in der EU generell verboten sind, aber in Südamerika weiterhin erlaubt, wo auch die betroffenen Honige herkamen. Nitrofurane gelten als Krebs erregend und Erbgut schädigend. Schlecht für die Biobranche: Der betroffene Naturkind-Honig war als Bio-Honig deklariert.

Auch der vierte beanstandete Honig war - für die Biobranche gar nicht lustig - ein Bioprodukt, der Akazienhonig Grünes Land. Er enthielt Rückstände des Antibiotikums Streptomycin in unerlaubter Höhe. Die Bienen hatten wahrscheinlich nur zum falschen Zeitpunkt an einer konventionellen Obstplantage genascht. Denn Streptomycin setzen konventionelle Obstbauern in Deutschland zur Bekämpfung des so genannten Feuerbrands ein - was aber nach Meinung von alternativen Landwirtschaftsexperten gar nicht sein müsste, und im Nachbarland Schweiz auch verboten ist. Denn gerade die Honigbienen, die unentbehrlichen Bestäuberinnen von Obst und Blütenpflanzen, helfen auch gegen Feuerbrand. Nichtsdestotrotz wird weiter in mehreren Ländern Europas Streptomycin eingesetzt.woran die Imker keine Schuld tragen, sondern die konventionelle Agrarbranche sowie unsere Gesellschaft und Politiker, die dies zulassen.


Gentechnik bedroht Existenz der Imker

Bio-Imker dürfen ihre Bienenstöcke zwar nicht gezielt in konventionelle Intensivobstkulturen zur Honiggewinnung oder Bestäubung setzen. Aber Bienen können mehrere Kilometer weit fliegen. Und große, rein biologisch bewirtschaftete Flächen sind selten im Süden und Westen Deutschlands. Verschärft wird dieses "Weideproblem" durch den, von der Life-Science-Industrie und ihren politischen Befürwortern bei CDU, CSU, FDP und SPD geforderten Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf den Äckern. Faktisch wäre es nämlich unmöglich, Bienen davon abzuhalten, Nektar beispielsweise auf genetisch veränderten Rapsfeldern zu sammeln. Die Herstellung von gentechnikfreien Honig wäre dann bei uns nicht mehr möglich. Doch die meisten Menschen nicht nur in Deutschland wollen kein Gen-Food auf dem Teller. Deutscher Honig - egal ob "bio" oder nicht "bio" - wäre folglich kaum noch zu verkaufen. Diese Problematik scheint unseren Spitzenpolitikern gar nicht richtig bewusst zu sein. So antwortete der Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Forschung auf eine Gentechnik-Anfrage: "Wenn der GVO-Pollen im Honig den Geschmack nicht beeinträchtigt, sollten die Imker doch nichts dagegen haben".

Auch den Supermarktketten und Lebensmittelkonzernen ist die Zukunft der heimischen Imkerei, einem der ältesten Berufsstände überhaupt, ziemlich egal. Schon jetzt stammen von den rund 100.000 Tonnen bei uns verbrauchten Honigen nur noch etwa 16.000 Tonnen aus heimischer Produktion. Der überwiegende Teil kommt zu unfairen Dumpingpreisen aus fernen Ländern wie Argentinien, Mexiko oder China, was die Problematik mit Antibiotikarückständen noch verschärft. So fand sich zeitweise das krebserregende Chloramphenicol in chinesischen Honiglieferungen.


Heimischer Honig vom Imker aus der Region ist der beste Honig

So katastrophal die Untersuchung der Stiftung Warentest für die Importhonige auch ausfiel. Garantiert deutsche Honige bekamen gute Noten, denn nur er erwies sich als rückstandsfrei. Da nach EU-Honigverordnung die Herkunft des Honigs auf dem Etikett stehen muss, könnte dies ein Wettbewerbsvorteil für deutsche Imker sein. Leider aber hat die "Importlobby" der Honigvermarkter in Brüssel gleichzeitig auch die Verkaufserlaubnis für filtrierten Honig durchgesetzt. "Damit sei der Manipulation Tür und Tor geöffnet", kritisiert die Leiterin der Untersuchung, Birgit Rehlender. Aufgrund der im natürlichen Honig enthaltenen Pollen, die wie ein Fingerabdruck sind, lässt sich nämlich bislang sehr leicht seine Herkunft feststellen. Bei der erlaubten Mikrofiltration aber werden die Pollen abgetrennt, also der "Fingerabdruck", der natürliche Herkunftsnachweis beseitigt. Auch lässt sich dann nicht mehr feststellen, ob die Bienen auf genetisch veränderten Pflanzen geweidet haben - Importe von bisher fast unverkäuflichem Gen-Rapshonig aus Kanada könnten so praktisch nicht mehr nachzuweisen sein. Verbrauchern ist deshalb grundsätzlich zu empfehlen, den Honig beim Imker aus der eigenen Region zu kaufen - solange es ihn noch gibt!